Von West nach Ost durch Österreich

Nachdem David und ich noch einen Ausflug zur Festung Oberhaus, wovon man einen schönen Blick auf die Stadt hat, gemacht hatten, bin ich erst gegen 14.30 Uhr aus Passau losgefahren. Nach ein paar Kilometern kam der Grenzübergang nach Österreich, den ich fast übersehen hatte. Nur ein (für einen Grenzübergang) kleines Schild an einem Baum mit der Aufschrift „Landesgrenze“ wies darauf hin, dass ich Deutschland verlasse. Ein Schild, dass ich nach Österreich einreiste war nicht zu sehen, dafür der gute alte „Schmugglerweg“. Am Abend habe ich die Besitzer eines Hauses gefragt, ob ich in der Nähe mein Zelt aufschlagen könnte und sie meinten, dass es unten am Treppelweg kein Problem wäre. Dort würden öfters Campervans oder Zelte stehen. Treppelwege gibt es auf beiden Uferseiten der Donau und auf diesen haben früher Pferde über Seile die antriebslosen Holzschiffe stromaufwärts gezogen. Dabei waren bis zu 60 Pferde im Einsatz und für die 200 Kilometer von Wien nach Linz wurden 29 Tage benötigt.

Kurz hinter Linz hat mich ein Mann angesprochen, nachdem ich den „falschen“ Weg genommen hatte. In Österreich ist es fast immer möglich auf beiden Seiten der Donau zu fahren und ich war gerade auf dem Weg die weniger schöne Strecke zu nehmen. Also bin ich umgedreht und habe auf die südliche Seite gewechselt. So kam ich auch durch Enns, der ältesten Stadt Österreichs und habe einen guten Schlafplatz am Damm gefunden. Zum Sonnenuntergang habe ich mich mit meinem Essen auf den noch warmen Asphalt gesetzt, als plötzlich Franz auftauchte. Franz ist um die 60, war die letzten vier Wochen mit dem Rad im Balkan unterwegs und ist über 4000 Kilometer gefahren. Am Morgen in Wien gestartet, hat er an diesem Tag 210 Kilometer zurückgelegt. Für dieselbe Strecke habe ich mir drei Tage Zeit genommen. Er meinte selber, dass das ein wenig verrückt sei so viel zu fahren und das schon richtig wäre, wie ich das mache. Wir haben den restlichen Abend zusammen verbracht und er konnte mir den ein oder anderen Tipp mit auf den Weg geben, da er schon seit 40 Jahren mit dem Fahrrad in den Urlaub fährt. Dementsprechend sah auch sein Gepäck aus: nur zwei Taschen + Zelt auf dem Gepäckträger. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war Franz schon weg. Er hatte noch 150 Kilometer vor sich, bevor er am nächsten Tag wieder zur Arbeit musste.

An einem Trinkbrunnen habe ich ein Ehepaar aus Deutschland getroffen, das eine Bootsreise macht und unterwegs immer wieder Abschnitte mit dem Fahrrad fährt. Ursprünglich sollte die Reise von Passau bis Budapest gehen, da der Donauabschnitt ab Bratislava zurzeit für Schiffe aber nicht befahrbar ist, sind sie jetzt schon wieder auf dem Weg zurück nach Passau. Es ist nun schon das dritte Mal, dass ich davon höre, dass der Schiffsverkehr auf der Donau wegen Niedrigwasser eingestellt werden musste.

Kurz vor Wien stand ich am Straßenrand und schaute auf mein Handy um den richtigen Weg zu finden. Der 59-jährige Martin, der mit seinem Rennrad unterwegs war, bot mir an, mich zu meinem Ziel mitten in Wien zu bringen. Das war richtig nett von ihm, Navigation in der Stadt ist immer etwas anstrengend, wenn man keinen Schildern folgen kann. So konnte ich einfach neben beziehungsweise hinter Martin herfahren, der mir nebenher auch noch Informationen über Wien gab. Ein echt interessanter Kerl mit noch interessanteren Geschichten. Erstaunlich, wie gut man sich in einer Stunde kennenlernen kann. Ich habe mich von Martin verabschiedet und wurde sogleich von Agnes begrüßt. Bei ihr und Edoardo habe ich die nächsten zwei Tage in Wien verbracht. Bei einer nächtlichen Rundfahrt durch die innersten Bezirke Wiens ist mir aufgefallen, wie viele alte Gebäude es in der Stadt gibt. Im ersten Bezirk stehen so gut wie nur alte, schöne Häuser, sehr viele Statuen und jedes Haus ist mit Säulen oder anderen Verzierungen bestückt. Selbst die Supermärkte und Fast-Food-Restaurants sind in solchen Gebäuden untergebracht. Wien scheint ganz schön zu sein, aber auf Sightseeing habe ich keine große Lust, das ist mir einfach zu viel und zu anstrengend und ich ziehe keinen Nutzen daraus. Deswegen habe ich mir es nach ein wenig Laufen in zwei verschiedenen Parks gemütlich gemacht und entspannt. Wien hat sehr viele Grünflächen und ist aufgrund dessen auch einer der „grünsten“ Städte der Welt.

Jetzt gibt es noch ein paar Kilometer in Österreich zu radeln, danach wartet die Slowakei auf mich.

Deutschland: An der bayerischen Donau entlang
Österreich, Slowakei, Ungarn: Tour de Hauptstädte

4 Kommentare zu „Von West nach Ost durch Österreich“

  1. Hi Moritz, wieder neue faszinierende Geschichten, beeindruckende Landschaften und nette hilfreiche Reisebekanntschaften prägen Deine Tour. Weiter so.

  2. Du strampelst Süd/Osteuropa entgegen und wir bekommen tolle und interessante Geschichten und schöne Bilder zu sehen. Eine sehr ungleiche Verteilung!
    Bisher hast du alles richtig gemacht und ich bewundere nach wie vor deinen Reisemut. Genieße die Begegnungen und pass auf dich auf.

  3. Schön, dass wir auf diesem Wege aus der Ferne an deiner Reise teilnehmen dürfen … man hat den Eindruck, als säße man auf dem Gepäckträger … weiter so, lieber Moritz!

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