Durch die Mitte Serbiens

Kurz vor Belgrad entschied sich Thomas nach 30 gefahrenen Kilometern an diesem Tag einen Campingplatz anzusteuern, da er sich seinen Fuß angeschlagen hatte und sich am Vortag die Umlenkrolle seines Liegerads an einem steilen Anstieg verbogen hatte. Wir konnten diese zwar wieder einigermaßen zu Recht biegen, Thomas wollte sich trotzdem mit dem Hersteller in Verbindung setzten. Nach über einer Woche, die wir zusammen unterwegs waren, trennten sich nun also unsere Wege. In Europa werden wir nun unterschiedliche Richtungen einschlagen, wir bleiben aber in Kontakt und hoffen, dass wir uns in Asien wiedersehen. Ich fuhr alleine weiter bis nach Belgrad und auf dem schnellstmöglichen Weg durch die Stadt. Nachdem wir zwei Tage zuvor schon eine Pause in Novi Sad eingelegt hatten, hatte ich keine Lust auf die nächste Großstadt. Hinter Belgrad machte ein Eurovelo-Schild auf sich aufmerksam. Es warnte vor Dornen, die auf den nächsten paar hundert Metern die Fahrradreifen in Mitleidenschaft ziehen könnten. Ich schaute auf meine Räder und stellte fest, dass diese schon mit zahlreichen Dornen übersät waren. Glücklicherweise hatte ich aber keinen Platten, obwohl die Dornen bis zu einem halben Zentimeter im Gummi steckten. Der Pannenschutz im Mantel scheint zu funktionieren. Beim Fortsetzen meiner Fahrt orientierte ich mich an den Einheimischen, diese fuhren alle auf dem Radweg auf der anderen Straßenseite. Am nächsten Tag traf ich auf weitere Radler, die an derselben Stelle vorbeigekommen waren. Die Bilanz: 3 Räder, 6 platte Reifen.

Bienenstöcke

Das nächste Stück an der Donau führte mich zum Eisernen Tor, einem Durchbruchstal an der Grenze von Serbien und Rumänien. Der Fluss, der zuvor eine Breite von bis zu zwei Kilometern hatte, findet sich schlagartig zwischen steilen Felswänden wieder. Die Donau wird auf eine Breite von 200 Metern verengt. Kurz vor Golubac traf ich auf ein französisches Pärchen, das ich ein paar Tage zuvor schon einmal getroffen hatte. Sie gaben mir ihre Telefonnummer und Adresse, ich sei jederzeit in ihrem Haus Willkommen, falls ich mit meinem Fahrrad auch noch Frankreich erreichen sollte.
Etwas später war meine Reise entlang der Donau zu Ende. Nach über fünf Wochen, die ich auf dem Donauradweg verbracht hatte, bog ich in Golubac rechts ab und fuhr nun über Landstraßen und Dirt Tracks durch kleine Dörfer. Es ging auf und ab, die Landschaft wurde hügeliger, langsam aber sicher werde ich in die bergigeren Gegenden des Balkans vordringen. Nach zwei Tagen erreichte ich am Mittag die Stadt Kragujevac. Da sich ein Gewitter anbahnte, meine Couchsurfing-Gastgeber erst am Abend ankommen würden und das erste Ligaspiel eines „Champions League Aspiranten“ bevorstand, machte ich mich auf die Suche nach einer Sportsbar. Mit Hilfe von Srdjan war diese auch schnell gefunden, allerdings wurden keine Spiele der Bundesliga gezeigt. Stattdessen verbrachte ich einen netten Nachmittag mit Srdjan und Lazar, die mich zu einem Getränk einluden. Die Beiden haben ein abgeschlossenes Medizinstudium, die Lage des serbischen Arbeitsmarkts bietet ihnen aber keine Möglichkeit eine Anstellung als Arzt zu finden. Ihr Geld müssen sie zurzeit als Englischlehrer verdienen.

Im Hintergrund lässt sich der Beginn des Eisernen Tors erahnen.

Die nächsten Tage verbrachte ich mit Marija und Nikola, die mir die Stadt zeigten und mich zu ihren Familien mitnahmen. Außerdem stattete ich der Gedenkstätte „21. Oktober“ sowie dem umliegenden Gedenkpark einen Besuch ab. 1941 exekutierte die deutsche Wehrmacht über 2000 Menschen aus Kragujevac innerhalb von sieben Stunden, darunter auch viele Schüler.

Nach zwei Pausentagen in Kragujevac werde ich nun meine Fahrt nach Westen fortsetzten und in Richtung Bosnien und Herzegowina fahren.

Von Ungarn nach Serbien
Serbien: Nationalpark Tara

4 Kommentare zu „Durch die Mitte Serbiens“

  1. Lieber Moritz,

    wie immer sehr imposante Eindrücke und tolle Fotos bei Deiner – wie immer – spannenden „Mitfahrgelegenheit“. Wünsche Dir auf Deiner weiteren Etappe wieder viele neue (und bestimmt auch alte…) Bekanntschaften und beeindruckende Erlebnisse. Es ist schön dass es Dir gut geht und Du bisher von größeren Fahrradpannen verschont geblieben bist.

    Viele Grüße Papa

  2. Hallo Moritz, jetzt schreibe ich dir auch endlich mal….
    Ich muss wirklich sagen : Hut ab, was du jetzt schon alles erlebt hast, das sind Erlebnisse, die wirst du nie vergessen.
    Deine Berichte und deine Fotos wirklich klasse 🙂
    Ich werde dir weiterhin folgen und bin gespannt was noch so alles kommt.
    Bleib Gesund und Munter.
    Liebe Grüße
    Nina

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